Verantwortung von Familienunternehmen in der heutigen COVID-19 Krisensituation

Fußball ist für uns heute ausschließlich ein mediales Ereignis ohne Stadionbesuch oder eigentlicher Nähe. Wir konsumieren Fußball vermehrt in „Konserven“, wie zum Beispiel die Weltmeisterschaft von 1990 und das Endspiel gegen Argentinien. Herrlich, wie „wir“ gegen Maradona in Italien Weltmeister wurden.

Folgende Frage fällt mir dazu ein: Spielen die Kinder von Franz Beckenbauers Weltmeister-Team heute erfolgreich in der Bundesliga oder in Löw’s – Nationalmannschaft Fußball? Wird Talent weiter vererbt? Ist damit Erfolg in der DNA verankert? 

Welche Verbindung gibt es zum Wirtschafts- und Geschäftsleben? Was kann dies mit unseren Familienunternehmen zu tun haben?

Es kann daraus geschlossen werden, dass exzellente Unternehmensführung und der Gründergeist der ersten Generation eines Familienunternehmens eben nicht einfach in der Erbfolge weitergegeben werden kann. So wächst meistens die erste Nachfolgegeneration in das Geschäft hinein und wird exzellent, oft auch im Ausland, ausgebildet und gefördert. Dies sollte eigentlich eine optimale Voraussetzung sein, um erfolgreich zu werden. Allerdings werden die direkten Nachkommen oftmals genötigt, das Familienunternehmen zu übernehmen, sind aber keine Geschäftsleute, sondern haben andere Neigungen.

Was kann dies nun für die gegenwärtige (Krisen-) Situation bedeuten? Es müssen die Vorgehensweisen hinterfragt werden. Je tiefer in der Erbfolge die Nachfolge stattfindet, umso weiter entfernt sich die Identifikation der Gesellschafter zum Unternehmen und dessen ursprüngliche Gründeridee.

Eine Empfehlung wäre, dass die erste Generation dafür sorgt, dass eben nicht einfach der Stab weitergegeben wird, sondern Professionalität das entscheidende Kriterium sein muss. So kann das Einsetzen eines externen unabhängigen Managements eine gezielte Maßnahme zur Zukunftssicherung sein, falls eben Talent und Erfolg nicht synchron gehen. Eventuell kann dies auch in Verbindung mit einer Familiennachfolge als quasi Coaching oder „Training on the Job“ stattfinden. Hierfür gibt es ausreichend vertragliche Möglichkeiten der Regelung, entweder durch einen externen CEO oder Interimsmanager als Transit zwischen den Generationen über einen definierten begleitenden Zeitraum.

Eine andere Variante könnte sein, man verabschiedet sich komplett aus der Unternehmensleitung und überlässt die Weiterführung einem externen Management, vielleicht sogar mit einer Beteiligung. Von einem Unternehmer konnte ich vor kurzem hören, dass er sein Unternehmen nicht an seine Kinder ungeachtet deren Ausbildung oder Neigung weitergeben wird, sondern sein Lebenswerk zur richtigen Zeit professionell veräußern wird.

Oft haben die Generationen von Familienunternehmen dafür gesorgt, dass alle Gesellschafter „versorgt werden“. Dies hat sich in Satzungen der Gesellschafter manifestiert. Auch in wirtschaftlich guten Zeiten („7 fette Jahre“) ist dies keine zukunftsorientierte Festlegung für das Unternehmen, wenn Finanzmittel nach starren Regeln aus der Firma genommen werden.

So gibt es Unternehmen, bei denen nach der Satzung festgelegt wird, dass bis zu 70% der Erträge starr an die Familienmitglieder ausgeschüttet werden. Dies ist in guten wie in schlechten Zeiten problematisch, da situationsabhängige Ausschüttungen für Investitionen und Innovationen für die Zukunftssicherung relevant sind. Diese unflexiblen Regelungen haben oft zur Folge, dass sich die Unternehmen verschulden müssen, anstatt die an die Gesellschafter geflossenen Erträge eigentlich für Investitionen in die Zukunft zu verwenden.

Normalerweise muss die Höhe der Ausschüttung nach Sinnhaftigkeit und strategischem Nutzen entschieden werden.

Nun wieder in die heutige (CORONAZeit projiziert. Es rächt sich, wenn Erträge von Familienunternehmen systematisch aus dem Unternehmen genommen werden und eine Verschuldung des Unternehmens dadurch provoziert wird. Es kann dazu führen, dass die Verschuldung zunimmt bis hin zur erforderlichen Nutzung von Rettungsschirmen der Politik (Soforthilfen, KfW-Mittel etc).

Manche Familienunternehmen werden diese Zeit nicht überleben oder sind prädestinierte Übernahmekandidaten. Viele Gesellschafter und nicht zwingend die Geschäftsführung haben dies verschuldet, da die Finanzdecke zu gering gehalten war.

Zurück zur 1.Generation. Ein Gründer des Familienunternehmens hätte sich in der heutigen Zeit aufgrund emotionaler Bindung und Identifikation auch mit eigenen Finanzmitteln engagiert und Geld zurück fließen lassen. Das findet in den meisten Unternehmen ab der dritten Generation nicht mehr statt. Dort hat man sich zu sehr vom Unternehmen entfernt und als passiver Gesellschafter arrangiert. Dieser Generation fehlt oft der Wille, durch eigene Finanzmittel Verantwortung für das Unternehmen zu übernehmen und damit vermisst man das Fingerspitzengefühl für die Mitarbeiter aber auch das Management.

Meine Anregungen für das „Neue Normal“ nach CORONA und damit einer nachhaltigen Veränderung für die Zukunft: 

1.      Die Gesellschafter müssen hinterfragen, ob das Management professionell und unabhängig arbeiten kann. Die unterschiedlichen Strömungen der Gesellschafter führen oft zu politischen Verwirrungen und Blockaden.

2.      Generationsübergänge bei Familienunternehmen müssen strategisch vorbereitet werden. Die Nachfolge-Regelung sollte professionell begleitet werden. So kann ein erfahrener Interimsmanager über einen definierten Zeitraum dies bewerkstelligen.

3.      Es muss überprüft werden, ob das Management auch krisenfest ist. Viele der heutigen Geschäftsführer haben die letzte Krise als Student, Berufsanfänger oder Nachwuchsführungskraft erlebt. Gegebenenfalls sollte deshalb korrigiert werden, eventuell mit einem Interimsmanager oder in aller Konsequenz mit Neubesetzungen, um das Unternehmen wieder in ruhige Fahrwasser zu bringen.

4.      Eine Besinnung der Gesellschafter auf die unternehmerische Verantwortung und damit auch ein aktives finanzielles Engagement und Verpflichtung zum Unternehmen und deren Mitarbeiter sind unabdingbar.

5.      Ein Hinterfragen der Gesellschafterverträge in Bezug auf Ausschüttungen kann hilfreich werden. So sollten die Ausschüttungen an die Gesellschafter situationsabhängig und nicht starr festgelegt sein, um dem Unternehmen die finanziellen Mittel zur Zukunftsgestaltung zu belassen. Die Möglichkeiten zu dynamischen Anpassungen müssen geschaffen werden.

6.      Die installierten Entscheidungsgremien, wie z.B. der Beirat, müssen effizient und möglichst unpolitisch zusammengesetzt werden. Es geht nicht allein darum, dass alle Familienstämme mittel- und unmittelbar vertreten sind, sondern zum Wohle des Unternehmens geht es um Eignung und Professionalität der Zusammensetzung. Hier muss Professionalität vom Markt akquiriert werden.

7.      Interimsmanager im Krisenmanagement werden gerne auch als „Feuerwehr“ eine oft unliebsame Umstrukturierung übernehmen. Diese sind emotional dem Unternehmen nicht gebunden und effizienzorientiert.

Erhard Krauß